Geschichtlicher Abrsiss

Geschichtliche Ausschnitte über das Quartier Häfeler und Hertenstein aus der

Literatur „Obersiggenthal Geschichte der Gemeinde“
(Walter Drack / Alfred Lüthi), Baden-Verlag 1994

S. 95 ff Das mittelalterliche Bevölkerungsmaximum

Der eigentliche Siedlungsausbau im Siggental dürfte vielerorts im 12. und 13. Jahrhundert eingesetzt haben. Orts- und Burgnamen mit den Endungen auf –stein und –berg entstanden in grosser Zahl. In der Pfarrei Kirchdorf trifft dies für den Hertenstein zu. Dieser letztere Weiler lag am alten Weg von der Fähre zu Ennetbaden nach Zurzach. Die alte Verkehrsbeziehung wird noch auf einem Stich aus dem früheren 19. Jahrhundert dokumentiert.

Um das Jahr 1300 wurde in unserer Gegend die für das Mittelalter höchste Einwohnerzahl erreicht. Sie lässt sich mit Hilfe des Habsburger Urbars und anderer Quellen einigermassen feststellen. …Die extrem hoch gelegene Rodungssiedlung Lützelhard ob Hertenstein zählte in ihrer stärksten Besiedlungsphase mehr als 23 Schupposen, die eine Einwohnerzahl von 120 Leuten vermuten lassen.

S. 103 Besitz des Klosters St. Blasien

… In Nussbaumen, das in der Frühzeit nur den Siedlungsbereich von Obernussbaumen umfasste, besass St. Blasien eine Hube (grosse mittelalterliche Hofeinheit, ca. 16 bis 20 ha umfassend) mit einer Gerichtsstätte. Dieser Bereich lässt sich noch durch den Flurnamen Hueb lokalisieren. Zudem gehörten dem Kloster noch einige weitere Bauerngüter. Im Rebbauerdorf Rieden, das aus wenigen Höfen bestand, besass das Kloster die niedere Gerichtsbarkeit. Dies war auch in den Rodlungssiedlungen Hertenstein-Lützelhard, Ebnehof und Tromsberg der Fall. …

S. 140 ff Hertenstein und Ebnehof

Im Bereich der Grundherrschaft Nussbaumen, zu der auch Rieden gehörte, setzte der Rodungsausbau in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit besonderer Kraft ein, erfasste er doch das ausgedehnte, hochgelegene Gebiet vom Hertenstein bis zur Ebene. Das Zentrum der Rodungszone war der Hof Hertenstein. Insgesamt waren es rund 24 Bauerngüter, die hier geschaffen wurden. Sie waren jedoch schon um 1300 zum Teil wieder verlassen, wie wir dem Habsburger Urbar von 1305 entnehmen können. Die grundherrschaftliche Gerichtsstätte Lützelhard befand sich auf dem Hertenstein. Durch den Schrumpfungsprozess der Bevölkerung im späteren Mittelalter erfolgte die Wüstlegung einen grossen Teiles der klimatisch exponierten Hochlagen, so dass nur zwei Siedlungskerne übrig blieben, denen wir uns nun zuwenden wollen.
Die Bedeutung der klimatischen Verhältnisse für diese extreme Lage auf rund 600 Meter über Meer zeigt sich darin, dass um 1300 auf der Ebne Reben angepflanzt wurden. Wir erfahren dies aus einem Streitfall um den Weinzehnt aus dem Jahre 1319. Der Hof auf der Ebne, der noch mehrere kleine Bauerhöfe umfasste, war während Jahrhunderten besiedelt und wechselte häufig den Besitzer.
Eindrücklich hat sich die Erinnerung an die hochmittelralterliche Siedlungslandschaft in der Volksüberlieferung erhalten, die hartnäckig behauptete, auf der Ebne habe sich früher einmal eine Stadt befunden.
Von den mitteralterlichen Bewohnern lesen wir aus dem Jahr 1460, dass Hensli Lüti und anderen einen Roggenzins zu leisten hatten.
Dann erfahren wir über 200 Jahre nichts mehr von der Ebne. Da es sich um die Zeit des spätmittelalterlichen Bevölkerungstiefs handelt, dürfen wir vermuten, dass der Hof zeitweise kaum mehr besiedelt war. Mit der Zunahme der Bevölkerung im 17. Jahrhundert änderte sich jedoch sein Stellenwert. In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts finden wir ihn in den Urkunden wieder erwähnt.
Am 5. August 1667 wurde ein Schiedsspruch zwischen den Besitzern des Hofes Ebne oder Oberlinden einerseits und den Gemeinden Kirchdorf, Nussbaumen, Rieden samt Freienwil anderseits wegen der Errichtung eines Hages gefällt. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass es sich beim Hofe Ebne um einen Steckhof, ein umzäuntes Sondergut, handle. Bei dem Streit ging es vor allem um ein Wegrecht der Siggentaler Dörfer nach Freienwil. Man befürchtete, dass es durch die Errichtung einen Zauns beeinträchtigt würde.
Es fällt auf, dass der Begriff Gemeinde hier, wie of in den Dokumenten vor 1800, die landwirtschaftlich organisierte Dorfschaft und nicht die (politische) Gesamtgemeinde bedeutet. Meist wird jedoch für diese eingeschränkte Bedeutung der Begriff Dorf verwendet.
Als 1691 der Ebnehof unter der Bezeichnung „die ganze Ebne“ verkauft wurde, umfasste er über 100 Juchart Land, das zeitweise bebaut wurde, nämlich 9 Tauwen Matten sowie 100 Juchart Holz.
Das Ackerland des Hofes wurde in folgende drei Zelgen gegliedert:

  • Feldzelg 28 Juchart
  • Zelg beim Haus 10 Jucharten (zu jener Zeit war nur ein bewohntes Haus vorhanden)
  • Äussere Zelg 16 Jucharten und schliesslich
  • Oberlinden 16 ½ Jucharten

1753 wurden die Ebnehof-Güter folgendermassen umschrieben: Jakob und Josef Meier, des Vogts Martins, entrichten den Zins jährlich als Trager ab dem ganzen Ebnehof, der oben an die Freienwiler Güter stösst, die Langacker genannt werden, sonst auf allen Seiten an den Hochwald, an den Brenni-Hochwald und den Häfeler Hau.

Erst mit dem Rückgang der Einwohner im hochgelegenen Bereich von Lützelhard-Ebne kristallisierte sich der gundherrschaftliche Hof Hertenstein heraus. Seit dem 14. Jahrhundert tritt er als sanblasianischer Lehenhof in den Urkunden auf.
Auffallend ist, das trotz der Randlage im sanblasianischen Gebiet des Siggentales diese dritte Gerichtsstätte, Lützelhard auf dem Hertenstein, eine zentrale Rolle spielte, vor allem in dem Sinne, dass die niedergerichtlichen Satzungen nach der Dingstätte Lützelhard benannt wurden.
Seit 1456 besitzt eine Familie Wydemeier (Wiedemeier) Land auf dem Hertenstein. Über Jahrzehnte wird Wiedemeier als Inhaber von zinspflichtigem Land erwähnt. Um diese Zeit waren mehrere Bauern auf Hertenstein ansässig. Im 18 Jahrhundert nahm die Anzahl der Höfe zu. 1778 bestand der Weiler aus 5 Häusern, in einem befanden sich zwei Haushalte unter dem gleichen First. Über längere Zeit waren es die Familiennamen Wiedemeier und Widmer, die mit dem Hof Hertenstein verbunden waren. Vier von ihnen gehörten zu den mittleren Bauern. Einer wird als Pfeifer bezeichnet, während einer als Kleinbauer eingestuft werden muss. Im 19. Jahrhundert nahm die Zahl der Häuser kaum zu.

Gemäss Siggentaler Berein von 1753 umfasste der Hof Hertenstein folgende Bauerhöfe:

  • Franz Bernhard Widmer besitzt ½ Haus und Scheune, ohne Speicher
  • Johann Wiedemeiers Erben ½ Haus
  • Beat Widmer 1 Haus
  • Heinrich Widmer 1 Haus
  • Jakob Widmer 1 Haus

Insgesamt waren fünf Familien in 4 Häusern wohnhaft. Geschätzt wurde der Hofkomplex Hertenstein auf 3965 Gulden.
Das Kulturland, Baumgärten, das Ackerland der drei Zelgen sowie das Mattland umfassten ca. 105 Jucharten, also 30 Hektaren. Dies war nur wenig mehr als eine grosse mittelalterliche Hube.
Das grösste Bauergut innerhalb des Hofes Hertenstein dürfte dasjenige Heini Widmers gewesen sein, der 1789 Konkurs anmelden musste. Er erklärte sich gegenüber seinen Kreditoren als insolvent. Die vorgenommene Gant-Schatzung zeigte, dass Widmer trotz seines umfangreichen Landbesitzes den Betrieb nicht erfolgreich führte. Zu seinem Hofe gehörten:
Immobilien: Haus und Baumgärtli sowie ein Viertel es oberen Hauses

  • Baumgarten 1 Juchart
  • Reben 3 Juchart
  • Matten 7 Juchart
  • Ackerland 23 Juchart
  • Holz und Feld 10 Juchart

S. 142 Häfeler

Der Weiler Häfeler tritt erst seit der Mitte des 17. Jahrhunderts in den Quellen auf. Grössere Bauernhöfe waren hier keine vorhanden; nach der Zählung von 1778 wohnten in den fünf Häusern sechs Familien, die ihren Lebensunterhalt vor allem als Handwerker oder Taglöhner verdienten.
Die soziale Struktur war folgende:

  • Maurer, 0,6 Juch. Land, kleiner landwirtschaftlicher Erwerb, 1 Kuh
  • Zimmermann, 7,3 Juch. Land, 1 Kuh und 1 Kalb
  • Maurer, 2,8 Juch. Land, kein Vieh
  • Küfer, 1,4 Juch. Land, kein Hornvieh, 2 Ziegen
  • Maurer, 0,3 Juch. Land, kein Hornvieh, 2 Ziegen
  • Taglöhner, 5,6 Juch. Land, 1 Kuh und 1 Schaf

Die durchschnittliche Zahl der Familienmitglieder lag etwas über sechs Pesonen.

Ein paar historische Bilder